Der Stieglitz ist Vogel des Jahres 2016

Stieglitz Foto: K-H Kuhn
Stieglitz Foto: K-H Kuhn

Der Stieglitz  – Vogel des Jahres 2016

 

 

 

Der „Stieglitz“ oder wegen seiner Vorliebe für Distelsamen auch „Distelfink“ genannt wurde für 2016 zum Vogel des Jahres gekürt. Mit seinem bunten Gefieder ist er unverwechselbar und gehört zu unseren farbenprächtigsten Singvögeln. Markant ist die leuchtend rote Gesichtsmaske auf dem sonst weiß und schwarz gefärbten Kopf. Rücken und Brust sind braun gefärbt, Bauch und Bürzel sind weiß. Die Flügel sind schwarz mit einer deutlichen gelben Binde, die besonders auch im Flug zu erkennen ist. Der schwarz gefärbte Schwanz hat an den äußeren Steuerfedern weiße Flecken. Er hat einen spitzen für Finken typischen kegelförmigen Schnabel. Männchen und Weibchen sind gleich gefärbt. Nur an der Ausprägung der roten Gesichtsmaske kann ein geübter Beobachter den Unterschied erkennen.

 

 

 

Den häufig wiederkehrenden mehrsilbigen Rufen „tiglitt, didelit“, die man während des Fluges gut hört, verdankt er seinen Namen „Stieglitz“. Seiner Vorliebe für Distelsamen verdankt er seinen zweiten Namen: „Distelfink“. Seine Lebensräume sind: Waldränder, Hecken, Streuobst-wiesen, Parks und Gärten. Da es durch die intensive Bewirtschaftung unserer Wiesen und Felder immer weniger Nahrung gibt, leben inzwischen ca. 60 % der Distelfinken innerhalb des Sied-lungsbereiches. Bereits im Frühjahr warten sie auf die Samen des Löwenzahns. Besonders gerne halten sie sich auf Brachflächen, Deponien, an Böschungen und Straßenrändern auf, um die Samen von Stauden, wie Disteln, Kletten, der Karde und anderen Wildpflanzen zu suchen. Aber auch die Samen der Flockenblume, der Skabiosenarten sowie  von Birken und Erlen gehören zu ihrem Nahrungsspektrum. Nur selten frisst er tierische Nahrung wie Blattläuse.

 

Der Stieglitz ist bei uns Jahresvogel (Teilzieher) und ist deshalb bei hoher Schneelage auf einen ausreichend großen Staudenbestand angewiesen. Im Herbst und Winter kann man ihn in größeren Trupps bei der Nahrungssuche beobachten. Vor der Letzten Mahd sucht er auf Feuchtwiesen gerne die Samen der Kohldistel, im Winter dann die Bestände der Karde auf. Das Nahrungsangebot wird jedoch immer knapper, da aus übertriebenem Ordnungssinn im Herbst immer wieder die meisten Wegränder, Gräben und Böschungen ab- bzw. ausgemäht werden. Die Gartenliebhaber können diesem schönen Vogel helfen, indem sie die abgeblühten Stauden mit ihren Samenständen den Winter über stehen lassen und erst im Frühjahr zurückschneiden.

 

 

Sein Nest legt der Distelfink gerne hoch in Obstbäumen, Straßenbegleitbäumen oder hohen Sträuchern an. Das Weibchen baut im April innerhalb von 6 Tagen in einer dünnen Astgabel ein kleines napfförmiges Nest aus Halmen, kleinen Wurzeln, etwas Moos , Flechten und anderen Pflanzenfasern. Innen wird es mit Wolle und anderen weichen Fasern ausgepolstert. Zwischen Mai und August werden meistens 2 Bruten durchgeführt. Das Weibchen legt Anfang Mai bis August 5– 6 hellblaue, leicht braun getupfte Eier, die es alleine in 12 – 14 Tagen ausbrütet.

Beide Eltern füttern die Jungen, die nach ca. 12 Tagen das Nest verlassen. Bis zu 3 Bruten im Jahr. Während der Jungenaufzucht beginnt das Weibchen bereits mit dem Bau eines neuen Nestes.

 

 

 

Früher war der Stieglitze ein sehr beliebter Käfigvogel. Er wurde jährlich zu zehntausenden gefangen und in Zoohandlungen verkauft. Heute ist der Fang streng verboten. Allerdings wird er in einigen südeuropäischen Ländern immer noch gefangen bzw. erschossen.

 

Die europäische Brutpopulation wird auf ca. 34 Mill. Brutpaare geschätzt. Davon entfallen etwa 305.000 bis 520.00 Brutpaare auf Deutschland. Heute ist unser Jahresvogel in seinem Verbrei--tungsgebiet fast überall häufig anzutreffen. Bei uns in Deutschland sieht es jedoch etwas düsterer aus. Von 1990 bis 2013 ist sein Bestand um  48 % zurückgegangen. Dieser Rückgang betrifft sowohl den Lebensraum Agrarland als auch den Siedlungsraum. In weiteren europäischen Ländern - vor allem im Süden -  ist eine Abnahme zu verzeichnen, wogegen in den nordischen Ländern die Bestände leicht zunehmen.

 

 

 

Es wird langsam eng für den Stieglitz in Deutschland. Immer weniger Flächen bleiben bei uns ungenutzt. Brachflächen fallen der Agrarpolitik zum Opfer – bis 2007 noch in jedem Betrieb vorhanden - oder werden im Siedlungsbereich überbaut. Die intensive Bewirtschaftung von Ackerrändern, die Mahd von Wegrändern und Gräben sowie die Asphaltierung von Feldwegen verdrängen die Nahrungspflanzen (Stauden) des Stieglitz. Auch in den Siedlungen wird der „Wildwuchs“ an Wegrändern, in öffentlichen Grünanlagen, in Gärten oder an Sport- und Spielplätzen oftmals entfernt, nicht selten durch flächendeckende Unkrautvernichtungsmittel.

 

 

 

Überregional kann hier nur eine Reform der Agrar- und Förderrichtlinien  der EU helfen. Es müssten extensive Bewirtschaftungsformen gefördert und temporäre Flächenstilllegungen fest- geschrieben werden. Im kommunalen Bereich werden dringend Konzepte benötigt, die den Erhalt von strukturreichen Straßenbegleitgrün sowie ausreichend Ruderalflächen bei der Bauplanung berücksichtigen. Im privaten Bereich kann jeder selbst in seinem Garten etwas tun. Dies alles kommt dann auch der biologischen Vielfalt zugute.    mehr........

 

 

 

                                                                                                                                H. Mohr

  

 

Stieglitz Foto: K-H Kuhn
Stieglitz Foto: K-H Kuhn